Reisetagebuch: Studierenden-Delegation am 73. Deutschen Juristentag in Bonn
Zum Thema „Wie viel Unmittelbarkeit braucht das Strafverfahren“ fand in Bonn vom 21. Bis zum 23. September 2022 der 73. Deutsche Juristentag statt. Im Rahmen eines Seminars zum Thema „Beweisrecht nach der Strafprozessordnung: Zwischen Unmittelbarkeitsgrundsatz und Beweistransfers“ unter der Leitung von Professor Kazushige Doi hatte eine kleine Gruppe Studierender die Möglichkeit an der Tagung teilzunehmen.
21.09.2022
Nach einer langen Zugfahrt, die um 7 Uhr am Nürnberger Hauptbahnhof begann, konnte unsere Studierendendelegation unter Leitung von Professor Doi zunächst in der Einführungsveranstaltung für Studierende und Referendare erste Fragen zum Deutschen Juristentag und der verschiedenen Referate loswerden. Danach startete bereits die Diskussion der Thesen im Strafrechtlichen Referat. Rund um die Fragen: „Brauchen wir im Strafverfahren überhaupt noch den Unmittelbarkeitsgrundsatz?“ und „Inwieweit sollen Beweistransfers aus dem Ermittlungsverfahren möglich sein?“ ging es in der Diskussion zum Teil heiß her. Strafverteidiger:innen, Richter:innen, Staatsanwält:innen und Professor:innen diskutierten aufgrund ihrer naturgemäß unterschiedlichen Blickwinkel auf das Strafverfahren von Beginn an sehr rege. Nach lediglich zwei Stunden musste die Diskussion allerdings fürs erste zum Erliegen kommen: Es war an der Zeit für die feierliche Eröffnungssitzung. Nach der Begrüßung von DJT-Vorsitzendem Prof. Dr. Mathias Habersack und zahlreichen Grußworten mitunter von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann und Landesjustizminister Dr. Benjamin Limbach, wurde der 73. Deutsche Juristentag mit einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Koen Lenaerts, Präsendet des Gerichtshofes der Europäischen Union eingeleitet zum Thema „Schutz des Europäischen Rechtsstaats“.
22.09.2022
Der nächste Tag begann früh, schon um 8:30 Uhr hatte unsere Gruppe Studierender die Möglichkeit in einer Sonderveranstaltung für Studierende und Referendare Fragen und Meinungen zum Strafrechtlichen Referat loszuwerden. Die einzelnen Referenten und Referentinnen, wie auch der Gutachter Herr Prof. Dr. Deiters nahmen sich viel Zeit alle Fragen zu beantworten und sich der Kritik durch die Studierenden zu stellen, ehe die Diskussion der Thesen vom Vortag fortgesetzt wurde. Die ursprünglichen Thesen wurden sodann als Ergebnis der Diskussion nochmal umformuliert, präzisiert und es wurde sogar eine Anregung, die vonseiten der Studierenden in der morgendlichen Veranstaltung geäußert wurde mit zur Abstimmung aufgenommen. So pochten die jüngeren Teilnehmenden insbesondere darauf, dass es – um einen rechtsstaatlichen Beweistransfer vom Ermittlungsverfahren in die Hauptverhandlung zu ermöglichen – erforderliche sei, etwaige Videovernehmungen rechtlich zu regulieren, um so eine größere Beweiskraft zu garantieren. Diese Anregung wurde sodann aufgenommen und auch mit zur Abstimmung gestellt. Die Ergebnisse der Abstimmung waren eindeutig: Ein Bekenntnis für den Unmittelbarkeitsgrundsatz, wenn auch Beweistransfers in engen Ausnahmen weiterhin möglich sein sollen, gleichzeitig aber ein Appell an den Gesetzgeber, die weitaus ungeschriebene und etwas wirre Rechtsprechung um § 252 StPO endlich in Recht zu gießen. Der größte Erfolg unserer Studierenden? Die durch sie angeregte These wurde mit der breitesten Mehrheit von den stimmberechtigten Mitgliedern angenommen. So konnte unsere Delegation den Abend bei einem gemeinsamen Abendessen gebührend ausklingen lassen.
23.09.2022
Der letzte Tag startete mit der gemeinsamen Schlusssitzung, in der die Vorsitzenden der einzelnen Referate über die Ergebnisse der Diskussion und Abstimmung berichteten. Nach einer kurzen Pause ging es auch schon weiter mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Klimaschutz durch Gerichte“ als Schlussveranstaltung. Den gemütlichen Abschluss bildete dann der durch das Land Nordrhein-Westfalen ausgerichtete Abschlussempfang im Foyer des World Conference Centers. Hier konnten die Studierenden sich nochmal in lockerer Atmosphäre über die letzten Tage austauschen und die Erlebnisse nochmal gemeinsam Revue passieren lassen. Danach blieb sogar noch etwas Zeit die Stadt Bonn zu erkunden, ehe wir den Zug nach Hause nehmen mussten.
Jetzt heißt es für unsere DJT-Delegation erst einmal: Durchatmen und die gemachten Erfahrungen verarbeiten, ehe im November nochmal ein Termin zur Präsentation der schriftlichen Arbeiten ansteht.